Die klinische Studie der ANTICOV-Plattform hat mit der Registrierung von Teilnehmern begonnen, um eine neue vielversprechende Medikamentenkombination, bestehend aus Fluoxetin und Budesonid, als frühzeitige Behandlung für Menschen mit leichtem bis mittelschwerem COVID-19-Verlauf zu testen.
Die ANTICOV-Studie wird derzeit in 13 afrikanischen Ländern durchgeführt, und soll demnächst auf weitere Länder in Südasien und Lateinamerika ausgeweitet werden. Sie zielt darauf ab, Behandlungsmöglichkeiten für COVID-19 zu finden, die für den Einsatz in ressourcenschwachen Gegenden geeignet sind. Die Medikamente sollen schwere Krankheitsverläufe verhindern und möglicherweise die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung verringern können.
“Wir müssen dringend eine orale Behandlungsmethode für COVID-19 finden, die sicher, erschwinglich, zugänglich und an die spezifischen Bedürfnisse von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen angepasst ist“, sagte Nathalie Strub-Wourgaft, Leiterin der COVID-19-Abteilung der gemeinnützigen Forschungs- und Entwicklungsorganisation Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi), die das ANTICOV-Konsortium koordiniert.
„Die kürzlich in den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Indien und weiteren Ländern zugelassenen COVID-19 Virostatika scheinen hinsichtlich der Eindämmung eines schweren Krankheitsverlaufs vielversprechend, wenn sie Hochrisikopatienten in den ersten fünf Tagen nach Auftreten von Symptomen verabreicht werden. Allerdings wächst die Besorgnis darüber, ob diese Virostatika allen, die sie benötigen, sofort zur Verfügung gestellt werden können, insbesondere in Regionen, in denen der Zugang zu Impfstoffen nach wie vor erschreckend niedrig ist. In Ländern mit niedrigem Einkommen sind weniger als sechs Prozent der Menschen vollständig gegen COVID-19 geimpft“, erklärte Dr. Strub-Wourgaft.
Die von ANTICOV getestete neue Arzneimittelkombination enthält Fluoxetin, besser bekannt unter dem Markennamen Prozac. Das Wirkpotenzial von Fluoxetin gegen COVID beruht auf einem Mechanismus, der völlig unabhängig von seinen antidepressiven Eigenschaften ist: Es hemmt die Fähigkeit des Virus, sich zu vermehren, indem es das Eindringen des Virus in die Zellen verhindert. Darüber hinaus könnte es auch eine immunsuppressive Wirkung haben. Es ist sicher und weithin verfügbar. Ein anderes Molekül, das zur gleichen Wirkstoffklasse gehört, erwies sich im August im Rahmen der TOGETHER-Studie als besonders wirksam gegen COVID-19 und reduzierte Todesfälle und Krankenhausaufenthalte um bis zu 30 Prozent.
Fluoxetin wird in Kombination mit inhalierbarem Budesonid getestet, einem sicheren und kostengünstigen inhalierbaren Kortikosteroid, das für seine starke entzündungshemmende Wirkung in der Lunge bekannt ist. Studien haben gezeigt, dass Budesonid, wenn es in einem frühen Stadium der Infektion eingenommen wird, die Genesungszeit bei ambulanten Patienten mit COVID-19 verbessert und Krankenhausaufenthalte und Todesfälle verringern kann.
„Für ambulante Patienten, die innerhalb einer Woche nach Auftreten der Symptome zur Behandlung vorstellig werden, was der Realität vor Ort entspricht, sind orale Arzneimittelkombinationen, die diese zwei Wirkmechanismen – einen antiviralen und einen entzündungshemmenden – kombinieren, die vielversprechendste Option“, so Dr. Strub-Wourgaft. „Eine solche Behandlung eignet sich besonders für Gebiete mit begrenzten Ressourcen, in denen kostengünstige Testinstrumente oft schwer zugänglich sind.”
Die Kombination könnte besonders im ersten Stadium der Infektion helfen, in der sich das Virus repliziert. Auch verringert sie womöglich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des zweiten, entzündlichen Stadiums, das einige Tage später einsetzen kann.
Fluoxetin und Budesonid sind im Handel erhältlich und werden erschwinglich, leicht zugänglich und einfach zu verabreichen sein, falls sie sich als wirkungsvoll gegen COVID-19 erweisen. Dies ist der fünfte Studienarm, der im Rahmen der ANTICOV-Studie seit ihrem Start im November 2020 durchgeführt wird.
ANTICOV ist eine “adaptive Plattform”-Studie mit einem flexiblen und innovativen Studiendesign, das es ermöglicht, Behandlungen bei neuen Erkenntnissen zu ergänzen oder zu verwerfen. Die Auswahl der Medikamente für ANTICOV basiert auf Untersuchungen der Expertenarbeitsgruppe „Access to COVID-19 Tools Accelerator (ACT-A) Therapeutics Partnership“, die von Unitaid und Wellcome geleitet wird.
Die Hauptfinanzierung des ANTICOV-Konsortiums wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über die KfW und von der globalen Gesundheitsagentur Unitaid als Teil von ACT-A bereitgestellt. Weitere Unterstützung kommt von der European & Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP). Sie stellt die Hilfen im Rahmen ihres zweiten Programms bereit, das von der Europäischen Union mit zusätzlichen Mitteln der schwedischen Regierung, der Starr International Foundation und der Stavros Niarchos Foundation (SNF) unterstützt wird.
Liste der ANTICOV-Partner
Das ANTICOV-Konsortium besteht aus einem breiten Netzwerk mit verschiedenen Partnern, die anerkannte Erfahrung in der klinischen Forschung vorweisen können. Die 26 Mitglieder des ANTICOV-Konsortiums sind:
- ALIMA (The Alliance for International Medical Action), Frankreich / Senegal
- ANRS | Maladies infectieuses émergentes, Frankreich
- Bahir Dar University, Äthiopien
- Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal), Spanien
- Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), Deutschland
- Centre Muraz, Institut National de Santé Publique, Burkina Faso
- Centre for Research in Therapeutic Sciences, Kenia
- Centro de Investigação em Saúde de Manhiça, Mosambik
- Centro de Investigação e Treino em Saúde da Polana Caniço (CISPOC), Instituto Nacional de Saúde, Mosambik
- Centre Pasteur du Cameroun (CPC), Kamerun
- Centre Pour Le Développement Des Vaccins, Ministry of Health, Mali
- Centre Suisse de Recherches Scientifiques (CSRS), Elfenbeinküste
- Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi), Schweiz (koordinierender Partner)
- Epicentre, Frankreich
- FIND, the global alliance for diagnostics, Schweiz
- Ifakara Health Institute, Tansania
- Infectious Diseases Data Observatory (IDDO), Vereinigtes Königreich
- Institute of Endemic Diseases, University of Khartoum, Sudan
- Institute of Tropical Medicine, Antwerp (ITM), Belgien
- Institut National de Recherche Biomédicale (INRB), Demokratische Republik Kongo
- The Kenya Medical Research Institute (KEMRI), Kenia
- Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR), Ghana
- Medicines for Malaria Venture (MMV), Schweiz
- Swiss Tropical and Public Health Institute (Swiss TPH), Schweiz
- Université de Bordeaux – Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM), Frankreich
- University of Gondar, Äthiopien
Über DNDi
Als gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungsorganisation arbeitet DNDi an der Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit vernachlässigten Krankheiten wie der Chagas-Krankheit, der Schlafkrankheit (Afrikanische Trypanosomiasis), der Leishmaniose, Filarieninfektionen, Myzetom, HIV-Infektionen bei Kindern und Hepatitis C. Zudem koordiniert DNDi die klinische Studie ANTICOV zur Erforschung von Behandlungsmöglichkeiten für leichte bis mittelschwere COVID-19-Verläufe in Afrika. Seit der Gründung im Jahr 2003 hat DNDi bereits neun Therapien entwickelt, darunter neue Medikamentenkombinationen für Kala-Azar, zwei Kombinationspräparate für Malaria sowie die erste von DNDi eigenverantwortlich entwickelte chemische Substanz Fexinidazol, die 2018 in Tablettenform für die Behandlung beider Stadien der Schlafkrankheit zugelassen wurde. dndi.org
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