Dreizehn afrikanische Länder und ein internationales Netzwerk von Forschungsinstitutionen werden die größte klinische COVID-19-Studie an ambulanten Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Krankheitsverlauf in Afrika auf den Weg bringen. Die klinische Studie ANTICOV wird erforschen, welche Behandlungen sich eignen, um leichte und mittelschwere COVID-19-Fälle frühzeitig zu behandeln und zu verhindern, dass sehr viele Menschen zur gleichen Zeit in Krankenhäuser aufgenommen werden müssen, was fragile und bereits überlasteten Gesundheitssysteme in Afrika schnell überfordern könnte.
Die klinische Studie wird vom ANTICOV-Konsortium, das 26 herausragende afrikanische und globale Forschungs- und Entwicklungsorganisationen (F&E) umfasst, an 19 Zentren in 13 Ländern durchgeführt und von der Initiative Medikamente gegen vernachlässigte Krankheiten (Drugs for Neglected Diseases initiative, DNDi), einer internationalen gemeinnützigen F&E-Organisation mit einem weitreichenden Netzwerk von Partnerschaften in Afrika, koordiniert.
„In Afrika bedarf es großer klinischer Studien zu COVID-19, um Forschungsfragen zu beantworten, die spezifisch für den afrikanischen Kontext sind“, so Dr. John Nkengasong, Direktor der Africa Centres for Disease Control and Prevention. „Die afrikanischen Länder haben bisher auf COVID-19 mit beeindruckendem Engagement reagiert. Jetzt ist es an der Zeit, sich auf zukünftige Wellen der Krankheit vorzubereiten. Wir begrüßen die von afrikanischen Ärzten geführte ANTICOV-Studie, weil sie dazu beitragen wird, eine unserer drängendsten Fragen zu beantworten: Können wir angesichts der begrenzten Zahl von intensivmedizinischen Einrichtungen in Afrika die Menschen früher gegen COVID-19 behandeln und eine Überlastung unserer Krankenhäuser verhindern?“
ANTICOV ist eine offene, randomisierte, vergleichende „adaptive Plattform-Studie“, in der die Sicherheit und Wirksamkeit von Behandlungen bei 2000 bis 3000 Patienten mit einer leichten bis mittelschweren COVID-19-Erkrankung in Äquatorialguinea, Äthiopien, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), Ghana, Guinea, Kamerun, Kenia, Mali, Mosambik, Sudan und Uganda geprüft wird. Ziel von ANTICOV ist es, geeignete Medikamente für eine frühzeitige Behandlung zu identifizieren, die einen schweren COVID-19-Verlauf abwenden und die Übertragung eventuell begrenzen können.
„Es ist ermutigend zu sehen, dass so viele afrikanische Länder zusammenarbeiten, um die dringend benötigten Antworten auf die speziellen Bedürfnisse unserer COVID-19-Patienten zu erhalten“, so Dr. Borna Nyaoke-Anoke, leitende klinische Projektmanagerin bei DNDi, Sponsor für klinische Studien in der DR Kongo, Kenia und im Sudan. „Afrika hat die hohe Sterblichkeit, die in anderen Ländern zu beobachten ist, größtenteils abwenden können, aber da die Ausgangsbeschränkungen aufhören und die Grenzen sich wieder öffnen, müssen wir vorbereitet sein. Hier in Afrika brauchen wir Forschung, deren Ergebnisse von der Politik umgesetzt werden können und die bei der Entwicklung von Test- und Behandlungsstrategien helfen, damit wir als Ärzte den an COVID-19 erkrankten Menschen eine bestmögliche Behandlung bieten können.“
ANTICOV ist eine adaptive Plattform-Studie. Diese innovative Form von klinischen Studien wurde für Krebsmedikamente entwickelt und ermöglicht es, mehrere Behandlungen gleichzeitig zu prüfen. Adaptive Studien ermöglichen rasche Entscheidungen, so zum Beispiel auch, ob Studienarme mit bestimmten Medikamenten auf der Grundlage einer laufenden Ergebnisanalyse hinzugefügt, fortgesetzt oder beendet werden sollen.
Neue Behandlungen werden in die Studie aufgenommen, sobald Erkenntnisse über ihre Wirkung bei leichten bis mittelschweren Fällen vorliegen. In Zusammenarbeit mit der gemeinsam von Unitaid und dem Wellcome Trust im Namen des COVID-19 Therapeutics Accelerator einberufenen Therapeutics Partnership des Access to COVID-19 Tools Accelerator (ACT-A) sind die ANTICOV-Forscher aktiv bemüht, aus den laufenden globalen wissenschaftlichen Studien die vielversprechendsten Behandlungen für eine Wirksamkeit auszuwählen. Zu den potenziellen Therapieoptionen, die von ANTICOV erforscht werden, gehören Medikamente, die derzeit zur Behandlung von Malaria, HIV, Hepatitis C, parasitären Infektionen und bestimmten Krebsarten eingesetzt werden. Ziel ist es, in wenigen Wochen zusätzliche Behandlungsarme in die ANTICOV-Studie aufzunehmen.
Zunächst wird sich ANTICOV auf Medikamente konzentrieren, bei denen groß angelegte randomisierte klinische Studien fehlende Wirksamkeitsdaten bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Krankheitsverlauf liefern könnten. In der klinischen Studie wird gegen einen Kontrollarm zunächst das antiretrovirale Kombinationspräparat Lopinavir/Ritonavir gegen HIV und das Malariamedikament Hydroxychloroquin getestet, welches heute nach wie vor in zahlreichen afrikanischen Ländern der Behandlungsstandard für COVID-19 ist.
„Das ANTICOV-Konsortium ist eine breit angelegte Partnerschaft, die führende afrikanische Wissenschaftler und globale F&E-Organisationen zusammenbringt, um einen dringend notwendigen medizinischen Bedarf zu decken. Zusammenarbeit ist der einzige Weg, um robuste wissenschaftliche Antworten auf diese Forschungsfragen zu geben“, so Dr. Nathalie Strub-Wourgaft, Direktorin der COVID-19 Response bei DNDi. „Die Studie wurde so konzipiert, dass schnelle und flexible Entscheidungen getroffen werden können, wenn neue Erkenntnisse gewonnen werden.“
Alle von ANTICOV generierten klinischen Studiendaten werden offen und transparent weitergegeben, damit sie in die öffentliche Gesundheitspolitik einfließen. In der Zusammenarbeit wird mit allen relevanten Partnern alles unternommen, um sicherzustellen, dass Behandlungen, die sich als sicher und wirksam erweisen, für alle bezahlbar, verfügbar und zugänglich sind.
Die Studie wurde mit Unterstützung des African Vaccine Regulatory Forum (AVAREF) überprüft, einer in 2006 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingerichteten Plattform, die vor Kurzem beauftragt wurde, klinische Studien für COVID-19 zu beschleunigen. AVAREF setzt sich aus Vertretern der Ethikkommissionen und Zulassungsbehörden der verschiedenen Länder zusammen und trägt zur Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungen auf Länderebene bei.
ANTICOV orientiert sich am sog. R&D Blueprint der WHO. Ziel dieser Initiative ist es, die Koordination zwischen Wissenschaftlern und Experten im Bereich globale Gesundheit zu verbessern, den Forschungs- und Entwicklungsprozess zu beschleunigen und neue Normen und Standards zu entwickeln, um aus der globalen COVID-19-Reaktion zu lernen und diese zu verbessern.
Das ANTICOV-Konsortium wird maßgeblich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über die KfW und von der Internationalen Fazilität zum Kauf von Medikamenten Unitaid als Teil von ACT-A finanziert. Frühzeitige Unterstützung für den Start der Initiative leisteten die European & Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP) im Rahmen ihres zweiten Programms, das von der Europäischen Union mit zusätzlichen Mitteln der schwedischen Regierung unterstützt wurde, und die Starr International Foundation (Schweiz).
Das ANTICOV-Konsortium mobilisiert ein breites Netzwerk verschiedener Partner mit anerkannter Erfahrung in der klinischen Forschung. Die 26 Mitglieder dieses Konsortiums sind:
- Alliance for International Medical Action (ALIMA), Frankreich / Senegal
- Agence Nationale de Recherche sur le Sida et les Hépatites Virales (ANRS), Frankreich
- Bahir-Dar-Universität, Äthiopien
- Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), Deutschland
- Centre Muraz/Institut National de Santé Publique, Burkina Faso
- Centre for Research in Therapeutic Sciences, Kenia
- Centro de Investigação em Saúde de Manhiça, Mosambik
- Centro de Investigação e Treino em Saúde da Polana Caniço (CISPOC), Instituto Nacional de Saúde, Mosambik
- Centre Pasteur du Cameroun (CPC), Kamerun
- Centre Pour Le Développement Des Vaccins, Gesundheitsministerium, Mali
- Centre Suisse de Recherches Scientifiques (CSRS), Elfenbeinküste
- Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi), Schweiz – koordinierender Partner
- Epicentre, Frankreich
- Foundation for Innovative New Diagnostics (FIND), Schweiz
- Ifakara Health Institute, Tansania
- Infectious Diseases Data Observatory (IDDO), Vereinigtes Königreich
- Institute of Endemic Diseases, Universität Khartum, Sudan
- Institut für Tropenmedizin, Antwerpen (ITM), Belgien
- Institut National de Recherche Biomédicale (INRB), Demokratische Republik Kongo
- ISGlobal – Barcelona Institute for Global Health, Spanien
- Kenya Medical Research Institute (KEMRI), Kenia
- Kumasi Centre for Collaborative Research in Tropical Medicine (KCCR), Ghana
- Medicines for Malaria Venture (MMV), Schweiz
- Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH), Schweiz
- Universität Bordeaux/Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM), Frankreich
- Universität Gondar, Äthiopien
Medienkontakte
DNDi
Frédéric Ojardias (Genf, Schweiz)
fojardias@dndi.org
+41 79 431 62 16
Linet Otieno (Nairobi, Kenia)
latieno@dndi.org
+254 733 624 206
Francine Ngalula (Kinshasa, DR Kongo)
francinengal@gmail.com
+243 816 402 389
Ilan Moss (New York, USA)
imoss@dndi.org
+1 646 266 5216
Photo credit: Kenny Mbala-DNDi