Anlässlich der Konferenz zum Thema „Uniting to Combat Neglected Tropical Diseases“ in London begrüßt DNDi das verstärkte Engagement im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten. Darüber hinaus verkündet die not-for-profit-Organisation Vereinbarungen mit mehreren Pharmaunternehmen, darunter auch Bayer Healthcare.
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Im Mittelpunkt des heutigen Treffens steht die Roadmap der Weltgesundheitsbehörde (WHO) ‚Neglected Tropical Diseases 2020’ (Vernachlässigte Tropenkrankheiten 2020’). DNDi betont, dass die großen Lücken in den Forschungs- und Entwicklungsprogrammen endlich geschlossen werden müssen. Neue Behandlungs- und Diagnostikinstrumente sind essentiell, um zehn Krankheiten bis 2020 zu eliminieren oder wenigstens zu einzudämmen.
„Für einige vernachlässigte Krankheiten, insbesondere für die mit der höchsten Sterblichkeitsrate wie die Schlafkrankheit, Chagas-Krankheit und Viszerale Leishmaniose, ist die Kontrolle oder sogar Eliminierung der Krankheit nur mit einem weiteren Engagement in Forschung und Entwicklung möglich“, sagt Dr. Bernard Pécoul, Geschäftsführer von DNDi (Drugs for Neglected Diseases initiative). „Neue Medikamente und Diagnostika werden dringend benötigt, um die Patienten besser zu versorgen und den zunehmenden Resistenzen gegen Medikamente begegnen zu können, sowie die Aussicht auf eine Ausmerzung der Krankheit zu verbessern.“
DNDi ist eine not-for-profit-Organisation und wurde 2003 gegründet. Seither hat sich DNDi der Entwicklung und Einführung neuer Medikamente für vernachlässigte Tropenkrankheiten verschrieben, um das Versagen der Markt- und Politikmechanismen auf diesem Gebiet anzugehen. Diese hatten dazu geführt, dass Forschung und Entwicklung für Medikamente gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten praktisch zum Stillstand gekommen waren. Zusammen mit privaten und öffentlichen Partnern in der ganzen Welt hat DNDi in den vergangenen Jahren sechs neue Therapien für vernachlässigte Patienten auf den Markt gebracht. Eine Reihe weiterer neuer Medikamente sind in der Entwicklung, davon befinden sich zwei gegen die Schlafkrankheit (Fexinidazol, Oxaborol/SCYX-7158) und eines gegen die Chagas-Krankheit (E1224) bereits in der klinischen Prüfung.
Nach den langjährigen Erfahrungen hält DNDi vier Schlüsselelemente für entscheidend, um die WHO-Roadmap für vernachlässigte Tropenkrankheiten bis 2020 zu unterstützen:
- Innovationsförderung und ein offener Austausch von Forschungswissen: Elf Unternehmen der Pharmaindustrie haben heute angekündigt, dass sie Zugriff auf ihre Moleküldatenbanken geben werden. Diese enthalten Daten und Informationen zu Molekülen, um potenzielle Wirkstoffkandidaten für die Behandlung von vernachlässigten Krankheiten zu finden. Abgeschlossene Lizenzverträge, wie zum Beispiel die bereits verkündete Vereinbarung zwischen DNDi und dem Pharmaunternehmen Abbott, garantieren, dass die Medikamente, die innerhalb dieser Partnerschaft entwickelt werden, Patienten in allen Entwicklungsländern unabhängig von ihrem Einkommen zugänglich sind.
- Innovative öffentlich- private Partnerschaften zur Medikamentenentwicklung: Die Zusammenarbeit, die DNDi mit privaten Partnern vereinbart hat, ist für die Entwicklung von neuen Behandlungen grundlegend. DNDi strebt einen ausgeglichenen Mix zwischen privaten Unternehmen und öffentlichen Organisationen an, einschließlich von Wissenschaftseinrichtungen, nationalen Kontrollprogrammen und Trägern, die die Entwicklungen anwenden. Partnerschaften mit der Industrie zur gemeinsamen Entwicklung von neuen, erschwinglichen Medikamenten schließen die Unternehmen Eisai, Sanofi und Cipla ein. Zudem wurde heute eine Zusammenarbeit mit Johnson & Johnson, Abbott und Pfizer für ein Medikament gegen die geschlechtsreife Form der Filarien bei Wurmerkrankungen verkündet.
- Einbindung der endemischen Länder und Engagement der Regierungen zum Wohl der Patienten: Es ist grundlegend, dass Regierungen mit ihren nationalen Kontrollprogrammen eine zentrale Rolle im Definieren der Patientenbedürfnisse übernehmen. Zudem müssen sie letztlich den Zugang zu den Behandlungen gewährleisten und die Forschung begleiten. DNDi arbeitet mit Partnern in endemischen Ländern zusammen, um regionale Forschungsnetzwerke zur klinischen Entwicklung zu stärken. Diese Netzwerke bringen Forscher, Kliniker, Zulassungsbehörden und Mitarbeiter der nationalen Kontrollprogramme – und im Idealfall auch Patienten – an einen Tisch. Sie sind Dreh- und Angelpunkt, damit der Patient sowohl am Anfang als auch am Ende der Forschungsaktivitäten im Mittelpunkt steht.
- Nachhaltige und diversifizierte Förderung von Forschung und Entwicklung: DNDi begrüßt die finanziellen Zusicherungen von dem britischen Department for International Development (DFID), der Bill & Melinda Gates Stiftung und öffentlichen Geldgebern wie Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Spanien und die Schweiz. Weitere Zusagen von anderen großen Geldgebern wie der US-Agency for International Development (USAID) oder Regierungen der Schwellenländer, sind jedoch noch erforderlich, um eine beschleunigte Produktentwicklung für vernachlässigte Tropenkrankheiten zu erreichen. Zudem müssen Anreizmechanismen für Forschung und Entwicklung unterstützt werden: Dazu gehören Forschungspreise und innovative Finanzierungsmechanismen wie eine Finanztransaktionssteuer (FTT) für Gesundheit.
„Um im Leben der ärmsten und am meisten vernachlässigten Patienten etwas zu bewegen, müssen wir mehr als einzelne Erfolgsgeschichten liefern. Best Science for the Most Neglected heißt, dass wir Dinge nachhaltig verändern müssen, und die heute abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, dass wir auf dem Weg in die richtige Richtung sind“, sagt Dr. Pécoul. „Wir brauchen beides: eine enge Koordinierung der gängigen Patienten-behandlungsprogramme und ein neues Rahmenwerk für F&E unter Führung der WHO. Sie muss Forschungs-prioritäten gemäß der Bedürfnisse von Patienten festlegen, eine nachhaltige Finanzierung gewährleisten und eine politische Umgebung schaffen, die sowohl Innovationen als auch Zugang für Patienten erlaubt.“
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Diese Beispiele illustrieren, welche Entwicklungen gebraucht werden:
- Schlafkrankheit: Im Fall der Schlafkrankheit, die in vielen abgelegenen oder instabilen Gegenden des südlichen Afrika immer noch tödlich ist, sind die gängigen Diagnostika unzureichend (erforderlich sind schmerzhafte Punktionen im Bereich der Wirbelsäule). Und obwohl die neue Kombinations-Therapie aus Nifurtimox und Eflornithin besser ist als die bisher gebräuchliche Therapie, erfordert diese immer noch intravenöse Infusionen.
- Viszerale Leishmaniose: Diese Erkrankung kommt vor allem in Ost-Afrika, Indien und Brasilien vor. Eine invasive Diagnostik, die lange Behandlungsdauer (bis zu 30 Tage) und wachsende Resistenzen gegen die existierenden Medikamente (bis zu 65% in Indien) erschweren die Bekämpfung der Infektion.
- Chagas-Krankheit: Für die Chagas-Krankheit existiert bis heute kein Test, der die Heilung bestätigt. Für das chronische Stadium der Krankheit müssen wirksame und sichere Medikamente erst noch entwickelt werden – obwohl 100 Millionen Menschen in Latein-Amerika der Infektionsgefahr ausgesetzt sind.
- Wurmerkrankungen: Etwa 150 Millionen Menschen weltweit sind von Onchozerkose (Flussblindheit) und lymphatischer Filariose betroffen. Die Standard-Behandlung mit Ivermectin alleine oder in Kombination mit Albendazol kann aber zu Gehirnschäden oder zum Tod bei Patienten führen, die zusätzlich mit Loa Loa infiziert sind. Alle diese Krankheiten werden durch Fadenwürmer verursacht. Die existierenden Medikamente töten nur die jungen und nicht geschlechtsreifen Formen der Würmer ab, die so wieder Infektionen hervorrufen und damit eine erneute Behandlung erfordern.
Über DNDi
Die Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi) ist eine not-for-profit-Organisation im Bereich Forschung und Entwicklung. Ihr Ziel ist es, neue Therapien für vernachlässigte Krankheiten bereitzustellen – insbesondere für die Schlafkrankheit, die Chagas-Krankheit, Leishmaniose (Kala Azar), bestimmte Wurmerkrankungen, HIV/Aids bei Kindern sowie Malaria. DNDi wurde im Jahr 2003 von Ärzte ohne Grenzen/Médecins sans Frontières, der Oswaldo Cruz Stiftung (FIOCRUZ, Brasilien), dem Indischen Council for Medical Research (ICMR), dem Kenya Medical Research Institute (KEMRI), dem Gesundheitsministerium von Malaysia und dem Institute Pasteur in Frankreich gegründet. Das WHO Special Programme for Tropical Disease (TDR) fungiert als ständiger Beobachter. Seit 2003 hat DNDi sechs neue Behandlungen für vernachlässigte Patienten bereitgestellt: Zwei Medikamente gegen Malaria (fixed-dose-combinations: ASAQ und ASMQ); die Kombinationstherapie aus Nifurtimox und Eflornithin (NECT) zur Behandlung des späten Stadiums der Schlafkrankheit; die Kombination aus Natriumstikogluconat (SSG) und Paromomycin (PM) gegen die viszerale Leishmaniose in Afrika sowie eine Reihe an Kombinationstherapien für viszerale Leishmaniose in Asien. Die neue Dosierungsform von Benznidazol für Kinder mit der Chagas-Krankheit ist die sechste neue Therapie.
www.dndi.org
Über die Konferenz zu vernachlässigten Tropenkrankheiten in London
Die heute verkündeten Verpflichtungen von DNDi sind Teil einer neuen und koordinierten Initiative einer Reihe öffentlicher und privater Partner, um zehn vernachlässigte Tropenkrankheiten bis 2020 zu bekämpfen. Heute haben 13 pharmazeutische Unternehmen, die Regierungen der USA und Großbritannien, die Bill & Melinda Gates Stiftung, die Weltbank und Beauftragte der endemischen Länder zugesagt, zusammenzuarbeiten, und den Fokus auf den Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten zu legen. So wird das Leben von etwa einer Milliarde Menschen weltweit verbessert, die an diesen Infektionen leiden.
Es ist das bisher größte gemeinsam koordinierte Engagement im Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten. Die Gruppe kündigte heute während einer Konferenz des Royal College of Physicians an:
- Bestehende Spendenprogramme für Medikamente sollen beibehalten und ausgeweitet werden, um den Bedarf bis 2020 zu decken;
- Expertenwissen und Daten zu Molekülen werden miteinander geteilt, um Forschung und Entwicklung für neue Medikamente zu beschleunigen;
- Forschung und Entwicklung, die Bereitstellung der Medikamente sowie die Programme zu deren Einführung sollen mit mehr als 785 Millionen US-Dollar unterstützt werden.
Die Partner unterzeichneten zudem die „London Declaration on Neglected Tropical Diseases“ (London-Erklärung für vernachlässigte Tropenkrankheiten), bei der sie sich zu mehr Kooperation und Austausch über Aktivitäten und zur Berichterstattung darüber verpflichten.
Neue finanzielle Zusagen unterstützen die Ausmerzung des Guinea-Wurms, sowie zügigen Fortschritt bei folgenden Zielen bis 2020: Eliminierung der lymphatischen Filiarose, der Trachomblindheit, der Schlafkrankheit und Lepra. Darüber hinaus sollen Wurmerkrankungen (Helminthosen) durch Würmer im Erdreich, die Bilharziose (Schistosomiasis), die Flussblindheit, die Chagas-Krankheit und die Viszerale Leishmaniose besser kontrolliert werden.
Kontakt für Medien
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